Themenabend: Dialekt im Geschäft – scheuen oder schwätzen?

Großer Zuspruch fand der Online-Themenabend Dialektschwätzen am vergangenen Montagabend, veranstaltet vom Ortverband Spaichingen von Bündnis90/Die Grünen. Mehr als 60 Dialektbegeisterte und Dialektinteressierte haben an diesem kurzweiligen und unterhaltsamen Abend teilgenommen.

Mit der Begrüßung durch Hermann Polzer (Vorstandssprecher) auf Plattdeutsch, fand ein direkter Einstieg in den Gebrauch des Dialektes statt. Nicht jeder konnte den Inhalten folgen. Polzer ließ die Teilnehmer jedoch nicht im Ungewissen und übersetzte sein Plattdeutsch ins Hochdeutsch.

Im Anschluss übernahm Annette Reif, Bundestagskandidatin Rottweil/Tuttlingen Bündnis 90/Die Grünen, die Vorstellung aller Referenten. Zweisprachig aufgewachsen, Schwäbisch und Hochdeutsch, konnten alle Teilnehmer problemlos folgen.

Pius Jauch, Bösinger Liedermacher, erfreute zur Einstimmung ins Dialektschwätzen mit dem Lied „Schwarzbrot mit Gsälz“. Ein Memorandum an seine Kindheitserinnerungen auf dem Großväterlichen Hof. 

Dr. Ewald Hall, gebürtig aus Donaueschingen, Dialektologe und Mitglied im Alemannischen Institut Freiburg,  teilte mit den Teilnehmern seinen wissenschaftlichen Blick auf den Dialekt. Hierbei erläuterte er seine Thesen zum Dialekt: Dialekt ist älter als die Hochsprache und stammt vom Indogermanischen ab. Dialekt ist vielfältig, Dialekt ist anpassungsfähig (vor allem auf dem Land), Dialekt ist literaturfähig, Dialekt ist wissenschaftsfähig (z.Bsp. unterrichtet die Schweiz in den Schulen Schweizer Deutsch), Dialekt ist zukunftsfähig, Dialekt ist bedroht durch sprachliche Ideologien und Dialekt ist schützenswert.
Der Dialekt ist eine eigene Sprache mit vollständiger Grammatik. Um den Dialekt beibehalten zu können, bedarf es der Wertschätzung für den Dialekt selbst, als auch für diejenigen, die ihn gebrauchen, so Hall.

Dr. Markus Rösler MdL, schloss daran an und berichtete, dass er glücklicherweise bisher keine schlechten Erfahrungen mit dem Dialektsprechen gemacht hat. Als Initiator einer parlamentarischen Initiative für den Dialekt liegt ihm der Erhalt des Dialektschwätzen sehr am Herzen. Er arbeitet hierzu  mit Forschern der UNI Tübingen und Freiburg zusammen. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche. Seine Erfahrungen sind, dass wer Dialekt spricht, animiert sein Gegenüber ebenfalls Dialekt zu sprechen. Rösler ging in der Zeitgeschichte weit zurück. Das Wort Dialekt kommt aus dem altgriechischen: „diálektos“ bedeutet: Gespräch und Diskussion. Rösler stellt jedoch fest, dass der Trend für Dialekte weltweit leider negativ ist, was mit der Globalisierung zusammenhängt.

Daran knüpfte Johannes F. Kretschmann, studierter Linguist und Beirat im Zentrum für Mundart an der PH Weingarten und Nachbarkandidat von Reif für Zollernalb-Sigmaringen, an.
Es sprechen mehr Faktoren für den Schwund des Dialekts als für dessen Erhalt, so Kretschmann. Der Dialekt gerät damit unter Druck. Es muss eine Bindung zum Dialekt bestehen, um diesen zu erhalten. Das kann im Grunde nur gelingen, wenn die Leute die Wertschätzung für den Dialekt haben und das Selbstbewusstsein, den Dialekt zu sprechen. Jedoch legen viele Menschen in bestimmte Situation ihren Dialekt beiseite (Familie, Schule, Arbeit…) aus Furcht vor Spott.
Aus eigener Erfahrung berichtet Kretschmann vom Dialekt im Geschäft. Dieser genießt, überwiegend auf dem Land, auch geschäftlich eine hohe Anerkennung. Dialektschwätzen schafft Vertrauen und dient als Brücke zu den Kunden. „Die Liebe zum Dialekt ist höher, als es vermuten lässt“.

Bevor die rege Diskussionsrunde startete,  gab Jauch noch einmal ein musikalisches Stück zum Besten „Hit isch Sunntig, morn isch Sunntig“.

Ein erfolgreicher, toller Abend, mit großartigen Statements zum Dialektschwätzen, sowohl von den Referenten als auch von den Teilnehmern. Und ein geselliger Abschluss mit zwei weiteren musikalischen Stücken im Dialekt von Pius Jauch.