Vor einigen Jahren war ich am Weltfrauentag in Rumänien. Ich war überrascht, dass dieser aufwändig gefeiert wird. Im Büro haben alle Frauen Blumen bekommen und haben erzählt, dass sie auch zu Hause Blumen von ihren Männern bekommen haben.
Im Nachhinein habe ich erfahren, dass der Weltfrauentag in allen postkommunistischen Ländern aufwändig gefeiert wird, teilweise ist es sogar ein gesetzlicher Feiertag. Früher organisierte die Partei Feste und hat die Rolle der Frau heroisch dargestellt. Die Überreste davon sind jetzt, dass der Weltfrauentag in den osteuropäischen Ländern immer noch vergleichsweise aufwändig gefeiert wird.
Dass ich früher ein Problem mit dem Weltfrauentag hatte, habe ich letztes Jahr schon beschrieben: https://annettereif.de/2021/03/08/50-den-frauen/
Dieses Jahr gehe ich traurig in den Weltfrauentag und denke an die Frauen in der Ukraine. Was für ein Tag bricht morgen für ukrainische Frauen an? Unter Beschuss, auf der Flucht, in Kellern, ohne ihre Männer… Ich kann mir nicht im Entferntesten vorstellen wie diese Situation ist. Schließlich lebe ich (noch?) im Frieden, bin finanziell abgesichert, habe ein Dach über dem Kopf, und genieße all die Rechte für die Frauen hart gekämpft haben.
Und trotzdem geht’s mir schlecht. Nein, mir geht’s nicht schlecht, dafür lebe ich viel zu sehr im Luxus. Mir geht’s nicht gut. Die momentane Situation in Europa lässt mich schier verzweifeln und ich bin wütend. Ich habe Weltschmerz. Mir laufen manchmal beim Hören der Nachrichten die Tränen herunter, oder beim Scrollen durch die Twitter Timeline. Doch das nützt den ukrainischen Frauen auch nichts. Ich kann an der Situation nichts ändern. Ich kann den Krieg nicht beenden, die Schmerzen, das Unrecht, die Verzweiflung. Beten, auf Demos gehen, spenden fühlt sich zu schwach an, und doch ist es alles was ich von hier aus tun kann. Mit diesen unbefriedigenden Gedanken gehe ich morgen in den Weltfrauentag. Sonst sage ich immer „Ich will keine Blumen, ich will die totale Gleichberechtigung.“ Morgen sag ich „Ich will keine Blumen, ich will die totale Gleichberechtigung. Und Frieden.“