Sozialpolitisches Fachgespräch mit Annette Reif und MdL Dorrothea Wehinger bei Mutpol

Zu einem sozialpolitischen Gespräch bei Mutpol trafen sich die grüne Bundestagskandiatin Annette Reif, die Landtagsabgeordente Dorothea Wehinger und der Fraktionsvorsitzende der Offenen Grünen Liste und Moderator des Gesprächs Hans-Martin Schwarz mit Vertretern von vier sozialen Trägern. Zunächst berichtete Juliane Schmieder vom Frauenhaus Tuttlingen von ihrer Arbeit. Sie lobte einerseits die finanzielle Unterstützung vom Land während Pandemie für eine mobile Halbtagsstelle, die aber auf auf 1 Jahr befristet sei. Man wolle natürlich keine neuen Stellen, die nach einem Jahr wieder eingestampft werden sagte sie in Richtung Politik. Andererseits mahnte sie grundsätzlich an, dass es eine Rechtsgrundlage auf einen Frauenhausplatz geben solle und eine sichergestellte Finanzierung der Plätze und der Personalkosten verbunden mit Standards, die Frauenhäuser bieten sollten.

Doris Mehren- Greuter von der Obdachlosenhilfe der Arbeitserwohlfahrt in Tuttlingen erläuterte die Arbeit ihrer Institution: Es sei zwar postiv gewesen, dass in der Wärmestube die Obdachlosen vor großen Coronaausbrüchen verschont geblieben seien, es seien auch alle Mitarbeiter geimpft und auch die Klienten können sich impfen lassen. Es habe einen viel Zuspruch von der Bevölkerung gegeben. Übernachten könnten die Obdachlosen in der Wärmestube zwar nicht, aber sie könnten sich duschen und die Kleider waschen sowie essen und trinken. Zusammen mit der Notschlafstelle der Stadt Tuttlingen in den kälteren Monaten könne man die gröbste Not lindern. Allerdings gebe vielfältigen Probleme, so die Problematik, dass günstiger Wohnraum fehle, auch Verschuldung sei ein Problem. Um die vielfältigen Problemestellungen anzugehen, benötige man mehr Sozialarbeiterstellen. Frau Mehren-Greuter brachte ihre Forderungen an die Politik an: Zum einen bezahlbarer Wohnraum und mehr Arbeitsplätze für Menschen, die nicht mehr schwer körperlich arbeiten könnten. Man müsse Möglichkeiten schaffen, um diese Menschen nicht zu verlieren

Vom Kinderschutzbund, Ortsverband Tuttlingen, waren Irmgard Rieger und Hans-Peter Seute gekommen. Der Verein finanziere sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Personalkostenzuschüsse und Fördermittel. Viele Ehrenamtliche unterstützten den Verein. Im Auftrag des Landkreises nehme der Kinderschutzbund auch den betreuten Umgang bei der Trennung von Eltern wahr.  In einem abschließenden Statement befürworteten die Verteter eine  bundesweite finanzielle Grundsicherung für Kinder, um Kinderarmut vorzeubeugen und Kinderrechte sollen ins Grundgesetz aufgenomen werden. Auch mpüssten bei der Einrichtung der Infrastruktur mehr an die Kinder gedacht werden.       Von einer neuen Bundesregierung wünscht sich der Kinderschutzbund, dass die Rechtsposition der Kinder nach außen gestärkt wird, letztlich sei die Lobby gerade für die benachteiligten Kinder recht schwach in der Gesellschaft und Politik. Insgesamt müsse die Familienpolitik einen höheren Stellenwert einnehmen. 

Dieter Meyer von Mutpol als gastgebende Institution erläuterte, dass vermehrt psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen in der Pandemie aufgetreten seien. Es habe mehr Anfragen für 0 bis 6 jährige gegeben.   Pflegefamilien würden fehlen. Als wichtig erachtete er die Verknüpfung zwischen Kindertageseinrichtungen und Institutionen wie Mutpol, hier solle sich  die Politik Gedanken machen. So sollten auch Kindergärten und Erziehungshilfe besser kommunizieren, was aufgrund verschiedener Zuständigkeiten oft schwierig sei. 

Er betonte auch stark den Präventionsgedanken. Es sei wichtig, dass rechtzeitig Hilfen angeboten würden, bei Auftauchen der Probleme in den Schulen etwa durch Schulverweigerung oder als „Systemsprenger“ sei es oft schon zu spät. Abschließend betonte Dieter Meyer, er wünsche sich mehr Wertschätzung des Sozialen, mehr Orte für ein Mitteinander und mehr soziale Infrastruktur in den Kommunen. 

Die Bundestagskandidatin Annette Reif betonte in ihrem anschließenden Statement, dass sie an diesem Morgen sehr viel gelernt habe und sich bei einem Einzug in den Bundestag für die Themen Gerechtigkeit und Nachhlatigkeit einsetzen würde. Das hohe Gut des sozialen Friedens habe sie immer vor Augen.

Dorothea Wehinger wies darauf hin, dass Bildung früher anfangen müsse, nicht erst in der Schule.   Präventionsarbeit sei sehr wichtig; nicht erst wenn die Jugendlichen straffällig würden. Das Geld sei der knappe Faktor, da in der Pandemie auf allen Ebenen Hilfen geleistet werden müssten. Dieter Meyer wand ein, dass durch die Pandemie die Fallzahlen bei allen sozialen Einrichtungen höher würden, es sei aber wichtig, dass es keinen Verteilungskampf gibt, wie „Kinder sind wichtiger als Obdachlose“.

 Annette Reif kann sich zur Finanzierung dieser Aufgaben durchaus auf Bundesebene weitere Einnahmen durch höhere Steuern für Spitzenverdiener vorstellen. 

Herr Meyer merkte an, Förderprogramme sollten vorher mit der Basis abgesprochen werden, damit Programme dann auch Sinn ergeben mit klaren Inhalten und ohne überbordende Bürokratie. Berufe im sozialen Bereich müssten im Übrigen besser entlohnt werden.

Und Dorothea Wehinger ergänzte, dass Fördermaßnahmen für zeitlich begrenzte Projekte nicht zielführend seien.

Für Annette Reif ist eine gute Bezahlung für Beschäftigte im sozialen Bereich auch ein Zeichen gesellschaftlicher Wertschätzung.

Hans-Martin Schwarz fasste den Austausch final zusammen: Kurzfristige Förderprogramme bringen nicht viel, nachhaltige Finanzierung ist grundlegend und die Zusammenarbeit der verschiedenen Verwaltungs- und politischen Ebenen sei sehr wichtig. Leider sei das Klientel der sogenannten „sozial Schwachen“ in der Politik so gut wie nicht mehr selbst vertreten, daher müssten andere dieses Vakuum füllen.