Kultur in Corona-Zeiten

Diese Woche hatte ich Gelegenheit mich mit dem Musiker, Autor und Kulturorganisator Frank Golischewski zu treffen. Wir kennen uns seit vielen Jahren, waren einige Jahre Nachbarn im Trossinger Hohnerareal und beim Hohner Musical war ich sogar vor und hinter (aber nicht auf!) der Bühne aktiv dabei. Das war für mich als strategische, strukturierte Person eine ganz besondere Erfahrung und eine unvergessliche Zeit! Wenn ich die Musik heute wieder höre, bekomme ich immer noch Gänsehaut. Mein Mann Andreas war beim Hohner Musical Teil des Orchesters, es ist toll diese Erfahrung zu teilen (auch wenn man als „Musiker Ehefrau“ öfter die Möglichkeit hat seinen Mann bei der Arbeit zu begleiten).

Die Kulturbranche leidet extrem unter den Folgen der Corona Pandemie, und den dadurch beschlossenen Kontaktverboten ganz besonders. In unserem Gespräch waren Frank Golischweski und ich uns darüber einig, dass die Bundesregierung diese Branche in der Krise zu wenig unterstützt. Sie wird schlichtweg vergessen.

Dabei hat die Kultur eine große volkswirtschaftliche Bedeutung. Die Branche erzielte im Jahr 2018 eine Bruttowertschöpfung von schätzungsweise 100,5 Milliarden Euro (+ 2,9 Prozent gegenüber 2017) und einen Umsatz von 168,3 Milliarden Euro (+1,87 Prozent gegenüber 2017). Über 256.600 Unternehmen mit knapp 1,2 Millionen Kernerwerbstätigen sind in der Kultur- und Kreativwirtschaft tätig. Die Quote der Selbständigen ist mit 21,5 Prozent außergewöhnlich hoch. Zum Vergleich: die Bruttowertschöpfung der deutschen Automobilindustrie betrug 2018 105,18 Milliarden Euro!

Die Überbrückungshilfe der Bundesregierung hilft ausgerechnet Künstlern wenig, da die förderfähigen Kosten hauptsächlich Fixkosten sind. Ein Solokünstler, der seinen Lebensunterhalt durch Auftritte, Engagements oder privaten Musikunterricht verdient, hat aber in der Regel keine Kosten für Miete (Die Miete für die private Wohnung ist nicht förderfähig!), Instandhaltung, Personal oder ähnliches. 

Seit März bricht vielen Künstlern jedes Engagement weg. Ich sehe dies auch am Beispiel meines Mannes. Viele geplante Auftritt aus dem Frühjahr wurden zuerst in den Herbst verlegt, wie z.B. auch Hochzeiten, und wurde dann jetzt kurzfristig doch abgesagt. 

Künstler benötigen in unserem technologiefokussiertem Land staatliche Hilfen, um die nächsten Monate überstehen zu können, und das möglichst unbürokratisch.

Die Lufthansa wurde mit 9 Milliarden Euro unterstützt. Der Bund versprach sich davon einen finanziellen Gewinn. Ich bin überzeugt, dass unsere Gesellschaft einen Gewinn davon hat, wenn auch Soloselbstständige diese Krise überstehen! Denn bereits jetzt sind Folgeschäden in der Kulturbranche absehbar, es wird Jahre dauern bis in Deutschland wieder ein vergleichbar vielfältiges Kulturangebot vorhanden ist.

Ich danke Frank Golischewski für das offene Gespräch und wünsche ihm für die nächsten Monate viel Kraft.

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Branchenfokus/Wirtschaft/branchenfokus-kultur-und-kreativwirtschaft.html

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/290075/umfrage/bruttowertschoepfung-der-deutschen-automobilindustrie/

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Coronavirus/soloselbststaendige-freiberufler-kleine-unternehmen.html

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunkte-ueberbrueckungshilfe.pdf?__blob=publicationFile&v=8

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/lufthansa-rettungspaket-regierung-101.html